Ein Leben für das Ehrenamt – auf diesen kurzen Nenner könnten die vergangenen mehr als 60 Jahre von Josef Schuckenbrock vom SC Rot-Weiß Nienborg gebracht werden. Beim genauen Hinsehen ist es natürlich vieles mehr und die vielfältigen Aktivitäten des Nienborgers könnten ganze Bücher füllen.
Im Alter von 14 Jahren trat er am 7. Oktober 1945 auf der Neugründungsversammlung nach dem Ende der Kriegswirren dem damaligen VFL Nienborg bei und erhielt als Hauskassierer gleich seinen ersten Posten. Das war damals die Aufgabe der Jüngsten, denkt er an die Zeit zurück als es noch keine Einzugsermächtigungen gab. Bis zum heutigen Tag hat „Schucki“, wie er von allen nur genannt wird, an der Entwicklung des Nienborger Sportvereins in vielen Funktionen als hochengagierter Vereinsmitarbeiter aktiv und entscheidend mitgewirkt. Er war und ist ein Mann für alle Fälle. Ein Jahr nach der Neugründung wurde der Verein in SC Rot-Weiß Nienborg umbenannt und erhielt die heute noch gültigen Vereinsfarben. Schuckenbrock selber war in der A-Jugend und Reserve als linker Läufer mit seiner „linken Klebe“ fußballerisch aktiv. Sein erstes Spiel trug er bei schlechtem Wetter mit einem furchtbar schweren Lederball beim TUS Wüllen aus. Damals sogen sich die Bälle mit Wasser voll und wurden schwer wie Medizinbälle. Autos gab es keine. So ging es meistens mit dem Fahrrad auf Tour, so wie er heute ausschließlich mit dem Fahrrad zum Sportplatz fährt. Weite Strecken wie beispielsweise nach Emlichheim wurden schon mal mit einem LKW mit Holvergaser der Firma Löhring zurückgelegt, erinnert er sich schmunzelnd an die abenteuerlichen Auswärtsfahrten. Damals wie heute waren die Mitglieder des Vereins uneigennützig zur Stelle, wenn es hieß, das Eichenstadion auf Vordermann zu bringen. Mit vielen anderen Sportlern packte er bereits im Jahre 1947 bei der Erneuerung des Sportplatzes an, als sie in den umliegenden Waldstücken Bäume schlugen, die dann für die Platzabgrenzung in der Schreinerei Volbert bearbeitet wurden. In den 50er Jahren übernahm er die Betreuung der Reserve. In dieser Zeit feierte der Verein mit den Aufstiegen der 1. Mannschaft in die Bezirksklasse großartige Erfolge, wo Josef Schuckenbrock bei den Spielen immer dabei war.
Mannschaftsfahrt 1988 der 1. Mannschaft nach Stavern
Hymlingsolympiade in Sögel
In dieser Zeit wurde der Mythos „Stavern“ von ihm ins Leben gerufen. Sein Vater stammte aus dem kleinen beschaulichen Ort im Emsland. Obwohl sie dort noch keinen Sportverein hatten – der SV Stavern wurde 1955 gegründet – trugen die Rotweißen auf dem Heideplatz in Stavern erste Spiele gegen die Emsländer aus, bei denen seine Cousins mitwirkten, blickt Josef Schuckenbrock freudig zurück, dass die freundschaftliche Beziehung auch heute noch anhält, was die zahlreichen Besuche verdeutlicht.
Josef Schuckenbrock ist aber nicht nur bei Rot-Weiß Nienborg aktiv. Als 1947 aus dem Sportverein der Nienborger Nikolausverein hervorging war er auch hier gleich ein Aktivposten und hilft heute noch hinter den Kulissen mit. Ebenso war er ab den 50er Jahren viele Jahre als Vorbeter bei der Feldprozession und der Wallfahrt nach Eggerode der Pfarrgemeinde St. Peter und Paul Nienborg tätig.
Vorstand im Jahre 1973
SC Rot-Weiß Nienborg wird 50 Jahre alt
Als seine Söhne Günter und Burkhard in jungen Jahren selber mit dem Fußballspielen anfingen war es für ihn eine Selbstverständlichkeit, sich um sie zu kümmern. Er stieg in die Jugendabteilung ein, wo er zu Beginn mit Josef Helling, Hermann Benölken, Günter Baving und den bereits verstorbenen Bernhard Reinders und Gerhard Emming tätig war und bis Anfang der 80er Jahre Motor der Jugendabteilung war. So fuhr er von Haus zu Haus und holte die Unterschriften der Eltern für die Spielberechtigungen ab oder fuhr samstags oftmals als alleiniger Betreuer mit drei Nachwuchsmannschaften im großen Bus zu den Auswärtsspielen, wobei gemeinsam Fußballlieder gesungen wurden, erinnert sich Jugendgeschäftsführer Hermann Terhaar gern an diese Zeit.
B-Jugend im Jahre 1973
Die Spielzeiten 70/71 und 71/72 brachten insgesamt drei Meistertitel für Nienborger Mannschaften.
So kennt ihn jeder.
Mit der Abkreidemaschine auf dem grünen Rasen.
Mit kleinen Unterbrechungen ist Josef Schuckenbrock seit etwa 30 Jahren als Platzwart im Eichenstadion tätig. Heute wird er von seinem Sohn Burkhard und dessen Ehefrau Claudia bei den vielfältigen Arbeiten tatkräftig unterstützt. „Sehr viele Stunden bin ich im Monat auf dem Sportplatz, morgens der Erste und abends der Letzte und nur ganz selten habe ich gefehlt,“ richtet er bei diesen Gedanken ein großes Dankeschön an seine Ehefrau Hedwig, die in all den Jahren sehr viele Opfer bringen musste. Im Jahre 2006 feierten sie das Fest der Goldenen Hochzeit.
Goldene Hochzeit am 3. Oktober 2006
Hedwig und Josef Schuckenbrock
Neben der täglichen Pflege der Platzanlage und der Arbeit im Schulungsraum wirft Schuckenbrock regelmäßig einen Blick über die Spielberichte und schützt den Verein mit seinen Korrekturen vor unnötigen Strafgeldern. Bei nahezu allen Heimspielen aller Mannschaften steht er motivierend und unterstützend an der Linie. Für seine Verdienste um den Verein wurden ihm nahezu alle Ehrungen wie die silberne oder goldene Ehrennadel zuteil.
Ehrenmitgliedschaft beim 75-jährigen Jubiläum im Jahre 1998
Beim 75-jährigen Jubiläum im Jahre 1998 wurde er mit Franz Brunsmann, Josef Nacke und Josef Kauling durch den damaligen 1. Vorsitzenden Reinhard Brunsch zum Ehrenmitglied ernannt, was ihn aber nicht davon abhielt, weiter für seinen Verein aktiv tätig zu sein. „Wie kein zweiter steht Josef Schuckenbrock für die Kameradschaft bei den Rotweißen, wie sie im Refrain „Die Nienborger immer zusammensteh’n, in unseres Sportclubs Reihen“ des Vereinliedes verankert ist,“ macht Bernd Loske deutlich, dass es immer Schuckenbrock’s großes Anliegen ist, die Gemeinschaft und nicht den Einzelnen hervorzuheben. So nennt Josef Schuckenbrock nicht umsonst die Fahrten mit den Jugendlichen und vielen Mannschaften an die ehemalige Zonengrenze, ins Sauerland oder ins Emsland sowie die Fahrten zu den Auswärtsspielen der Jugendmannschaften mit dem Bus als Besonderheiten in seiner Zeit beim SC Rot-Weiß Nienborg. „Josef Schuckenbrock hat immer ein offenes Ohr und eine offene Hand für alle Rotweißen,“ lobt Bernd Loske das beispielhafte Wirken von Josef Schuckenbrock und hofft, dass er die Rot-Weiß-Familie noch lange Jahre unterstützen wird. „Derartige Mitglieder sind große Stützen des Vereins,“ richtet der 1. Vorsitzende ein ganz großes Dankeschön an Hedwig und Josef Schuckenbrock für ihre hervorragenden ehrenamtlichen Leistungen über Jahrzehnte. Besonders die Jugend liegt Schuckenbrock am Herzen. Daher appelliert er an die Adresse ehemaliger aktiver Spieler, dass sie sich nicht zur Ruhe setzen, sondern sich um die Jugend kümmern und ihr Wissen an die Mannschaften weitergeben. Josef Schuckenbrock sieht sich als Mitglied der Rot-Weiß Familie, das gibt ihm Antrieb und Motivation für seine Arbeit für den Fußball. So ist es ihm eine Freunde, wenn ihm die 5jährigen Jungs im Dorf einfach mit „Schucki“ nachrufen, wenn er mit der Vereinsjacke im Dorf mit dem Fahrrad auf dem Weg zum Eichenstadion ist oder von dort kommt.
Interview mit Josef Schuckenbrock- aktiver Platzwart, ehemaliger Jugendobmann, Betreuer, Trainer, Vorstandsmitglied, Schiedsrichter
Redaktion:
Josef, wie lange bist Du schon Mitglied bei Rot-Weiß?
Schucki:
Ich bin im Oktober 1945 dem Verein beigetreten. Ich war damals 14 Jahre alt.
Redaktion:
Kannst Du dich noch an Dein erstes Spiel für Rot-Weiß erinnern?
Schucki:
Und ob, es war in Wüllen. Wir hatten bei schlechtem Wetter mit dem Regen und einem furchtbar schweren Lederball zu kämpfen. Zu unserer Zeit sogen sich die Bälle mit Wasser voll und wogen soviel wie heute ein großer Medizinball wiegt.
Redaktion:
Wie kamen denn die Mannschaften damals zu ihren Auswärtsspielen?
Schucki:
Das waren zum Teil abenteuerliche Reisen. Ich erinnere mich noch an eine Fahrt mit einem LKW der Firma Löhring. Die hatten damals einen LKW mit Holzvergaser. Die Reise ging mit der ersten Mannschaft nach Emlichheim. Das war die weiteste Reise. Die Fahrt selbst war wie ein Abenteuer.
Redaktion:
Welche Position hast Du einmal im Spiel eingenommen?
Schucki:
Ich habe meistens im Mittelfeld als rechter Läufer gespielt. Die meiste Zeit habe ich in der Reserve gestanden, bin aber immer bei den Spielen der 1. Mannschaft dabeigewesen.
Redaktion:
Was war denn Dein erster „Job“ als Funktionsträger des Vereins?
Schucki:
Meine erste Tätigkeit war Kassierer. Die Kassierer gingen damals noch von Haus zu Haus. Bei ca. 100 Mitgliedern eine anstrengende Arbeit.
Redaktion:
Du bist weit über die Grenzen unseres Vereins als Jugendobmann und Betreuer bekannt geworden. Generationen von jungen Fußballern sind „durch Deine Hände“ gegangen. Wie kam es dazu?
Schucki:
Als meine Jungen Günter und Burkhard mit dem Fußball begannen, habe ich es als selbstverständlich angesehen, mich um sie zu kümmern. Also bin ich in der Jugendabteilung eingestiegen. Mit mir waren das noch Josef Helling und später Hermann Benölken und Günter Baving. Hinzu kamen noch Bernhard Reinders und Gerhard Emming, die leider schon verstarben.
Redaktion:
Wenn Du die heutige Jugend mit der damaligen in den 60er und 70er Jahren vergleichst, ist die Jugend von heute „schlechter“ als die damalige?
Schucki:
Nein, das kann man nicht sagen. Sie sind anders, aber nicht schlechter. Die Freude am Fußballsport ist nach wie vor vorhanden. Allerdings kann eine Jugendabteilung die Fehler des Elternhauses nicht korrigieren. Wer zu Haus keine richtige Erziehung erfährt, der fällt auch auf dem Platz „aus der Rolle“.
Redaktion:
Du hast in Deiner Zeit als Platzwart und Obmann viele Trainer kommen und gehen sehen. Welche sind Dir in besonderer Erinnerung geblieben?
Schucki:
Erinnern kann ich mich noch an alle. Besonders angenehm war es jedoch in den letzten Jahren mit Klaus Schlamann (4 Jahre) und Claus Buck (8 Jahre).
Redaktion:
Wenn wir die heutige Situation bei Rot-Weiß sehen, was möchtest Du gerne den heutigen Spielern der Seniorenmannschaften „ins Stammbuch“ schreiben?
Schucki:
Bei allem Verständnis für Feierlichkeiten und Parties sollten sich die Spieler vor Meisterschaftsspielen mehr zurücknehmen. Es kann nicht angehen, daß Spieler der 1. Mannschaft am frühen Sonntagmorgen erst von Kneipenbesuchen nach Haus kommen und am Nachmittag Fußball spielen wollen. Das kann auf Dauer nicht gutgehen. Die erste Kreisklasse wird immer stärker. Nur mit einer sportlichen Einstellung kann Nienborg auf Dauer diese Klasse halten.
Redaktion:
Was bedrückt Dich sonst noch?
Schucki:
Wir waren früher auch schon sogenannte Fans von Schalke oder Hamburg. Wir sind aber nie auf die Idee gekommen, dafür viel Geld auszugeben. Heute kommt bei vielen jungen Leuten die Bundesliga an erster Stelle. Die Spieler der Bundesliga verdienen Millionen. Woher kommt das Geld? Nienborg könnte ganz anders dastehen, wenn die Zeit und das Geld für die Fanclubs in unseren Verein investiert würde. Ich glaube, jeder hätte auf Dauer mehr davon.
Redaktion:
Du bist voriges Jahr erneut als Platzwart angefangen und arbeitest weiter im Jugendvorstand mit. Was treibt Dich denn heute noch an, weiter mitzumachen?
Schucki:
Ich sehe mich als Mitglied einer Rot-Weiß-Familie und freue mich noch heute, wenn mir 5jährige Jungs im Dorf einfach „Schucki“ nachrufen!
Anmerkung:
Gerade während des Interviews im Clubraum kommt der Enkel und Fußballer der E-Jugend Thomas Roters in den Raum und fragt laut: „Schucki, wo sind die Bälle für uns?“ Er sagt nicht Opa, sondern benutzt wie alle anderen lieber den Spitznamen.
Redaktion:
Wir danken Dir für dieses Interview und wünschen Dir noch viele aktive Jahre im Kreis der Familie Rot-Weiß Nienborg.
Das Gespräch führte Dieter Gottschlich.