Ole Pieper, Spieler der 1. Mannschaft von Rot-Weiss Nienborg, absolviert derzeit zwei Auslandssemester im Rahmen seines Lehramts-Studiums in der zentralspanischen Stadt Valladolid. Seit vergangenem September befindet er sich in Spanien und kehrt voraussichtlich rechtzeitig zur nächsten Saison zurück nach Nienborg. Im Interview mit Gerald Lösbrock (RW Nienborg) erzählt er von seinem Auslandsjahr unter Corona-Bedingungen, sportlichen Höchstleistungen und spanischem Fußball im Eichenstadion.
¡Buenas tardes, Ole! ¿Cómo estás?
Muy bien, ¿y tu?
Alles bestens. Das klingt doch ganz gut! Du bist seit etwa viereinhalb Monaten im Auslandssemester in Valladolid in Spanien und studierst dort Spanisch und Geografie. Laut Wikipedia werden die Einwohner von Valladolid „Vallisoletanos“ genannt. Inwieweit würdest du sagen, bist du mittlerweile „Vallisoletano“ und inwieweit noch Tourist?
Gute Frage, erstmal ist der Wikipedia-Eintrag natürlich richtig. Ich würde behaupten, dass ich mich in der Stadt ganz gut eingelebt habe und einige Leute kennengelernt habe, sodass es nicht mehr eine komplett fremde Stadt ist. Ich kenne mich ganz gut aus und weiß wo alle Sachen sind. Ich würde behaupten, dass das touristenmäßige nach der ersten Woche abgehakt war, als ich die Sehenswürdigkeiten schon mal gesehen hatte und dass ich jetzt eher ein normaler Student in der Stadt bin.
Dann bist du ja quasi schon ein echter Experte. Mal angenommen nächstes Wochenende käme ein Freund zu Besuch. Was würdest du mit ihm in Valladolid unternehmen?
Das ist eine sehr hypothetische Frage, da im Moment auch hier sehr viele Sachen nicht geöffnet sind. Ich würde auf jeden Fall mal schauen, dass ich mit demjenigen verschiedene Bars abklappern würde. Auch eine Tapas-Tour, soweit sie denn möglich wäre, würde auf jeden Fall unternommen werden. Ansonsten ist in der letzten Zeit auch gutes Wetter für Januar und Februar. Da könnte man sich die Stadt auf jeden Fall gut angucken und, wie gesagt, die eine oder andere Bar besuchen.
Wetter ist ein gutes Stichwort. Hier in Nienborg liegen gerade ca. 30 cm Schnee. Wie sieht es bei dir aus?
In diesem Jahr hat es hier sogar auch schon einmal geschneit, was eigentlich ungewöhnlich ist. Ansonsten bin ich mit dem Wetter hier sehr gut zufrieden. Die Sonnenstrahlen kommen morgens auch schon immer durchs Fenster. Es gab dieses Jahr auch schon Tage, an denen es 15°C war, was zum Beispiel für das Laufen förderlich ist.
… Da kommen wir gleich auch noch zu. …
Mit dem Schnee habe ich hier auf jeden Fall keine Probleme wie ihr. (lacht)
Du hast es gerade schon angesprochen. In Spanien gibt es auch Einschränkungen durch Corona-Maßnahmen. Wie ist die Situation für dich persönlich und wie nimmst du die Stimmung wahr?
Für mich persönlich ist die Lage weitestgehend in Ordnung. Ich konnte das erste Studiensemester hier in Halbpräsenz absolvieren, sodass es nicht komplett Online-Unterricht war, was auch ganz gut ist. Es ist noch erlaubt, sich in kleinen Grüppchen zu treffen, in denen dann auch in spanischer Sprache geredet wird, was für mich das Wichtigste ist. Ich bin soweit ganz zufrieden mit dem, was ich hier noch unternehmen darf. Was allerdings etwas Anderes ist, ist, wenn man in den Nachrichten die Zahlen hört, die hier echt durch die Decke schießen und der Inzidenzwert irgendwo um die 700 liegt. Dazu gibt es derzeit eine nächtliche Ausgangssperre, die schon um 8 Uhr abends beginnt. Das betrifft mich persönlich natürlich schon, aber nicht in dem Maße, dass ich sagen würde, das Auslandssemester ist unter diesen Umständen kaum durchführbar.
Du warst auch über die Feiertage im Dezember vor Ort. Wie hast du Weihnachten und den Jahreswechsel verbracht?
Ich habe erst überlegt, ob ich über Weihnachten wieder nach Deutschland komme, wie es vor dem Antritt des Auslandssemesters der Plan war. Das habe ich dann aber sein lassen, denn bei den Quarantänemaßnahmen für Einreisende wäre ich kaum aus der Quarantäne heraus gewesen und hätte schon wieder abreisen müssen. Von daher habe ich die Zeit hier verbracht und die Feiertage habe ich auch sehr gut rumbringen können. Ich wurde sogar noch von einer spanischen Bekannten zu Ihrer Familie nach Hause eingeladen und konnte von der Kultur dementsprechend auch bestmöglich etwas mitnehmen. Beim Weihnachtsessen wurde die Flugente, die wir sonst immer zu Hause haben, mal gegen Muscheln, Krabben und Garnelen eingetauscht. Insgesamt haben mir die Feiertage sehr gut gefallen und auch den Jahreswechsel habe ich mit bestimmten Traditionen, wie den 12 Weintrauben zu Mitternacht, die angeblich Glück bringen sollen, verbracht. Trotz dessen, dass ich die Familie nicht gesehen habe, war es ein ganz gutes Weihnachtsfest und Neujahr, weil man halt mal etwas komplett anderes gesehen hat. Deshalb bin ich damit auch ganz zufrieden.
Du hast gerade etwas von 12 Weintrauben gesagt. Was hat es damit auf sich?
Das ist eine Tradition hier in Spanien, bei der um 12 Uhr, wenn die Glocken schlagen, bei jedem Glockenschlag eine Weintraube gegessen wird, was Glück bringen soll. Man muss dabei flott sein und wenn man einen relativ großen Mund hat, ist das auch von Vorteil. (lacht)
Da haben Nienborger ja normalerweise kein Problem mit. Apropos Nienborg, mit wem aus deiner Heimat hast du regelmäßig Kontakt?
Allen voran natürlich mit meinen Eltern, mit denen ich häufiger zoome und darüber auch die meisten Infos aus dem Dorf bekomme. Dann habe ich natürlich auch mit meiner Freundin Sina regelmäßig Kontakt und ansonsten habe ich auch manchmal mit verschiedenen Kumpels und Studienkollegen aus Münster geskypt. Das sind so die Kontakte, die ich zu meinen Wurzeln beibehalte. Ich weiß, wo ich herkomme! (lacht)
Dann hast du ja sicherlich mitbekommen, dass du in Nienborg neuerdings als Laufwunder von dir Reden machst.
Ja, das hat schon die Runde gemacht, glaube ich…
In der Adidas Lauf-App stehen u.A. ein 22 km Lauf mit einem Durchschnittstempo von 4:35 min/km und ein Lauf über knapp 8 km mit 3:56 min/km zu Buche. Liegt es an der leichten spanischen Küche?
(lacht) Ich würde behaupten, die spanische Küche hat da jetzt nicht so viel mit zu tun. Auch wenn ich mich da so ein bisschen dran gewöhne und auch hier und da mal das ein oder andere Gericht koche, glaube ich aber, dass zumindest das keine Rolle spielt. Es ist einfach so, dass ich im Moment recht viel Zeit habe, die ich mit dem Laufen verbringen kann. So ein paar Ziele habe ich mir dann einfach mal gesetzt und dann auch verfolgen können.
Dein Trainer Rick hat vermutet, du wärst die 8 km Strecke mit dem Fahrrad gefahren. Hand aufs Herz, hast du geschummelt?
Nein! Das kann ich mit einem klaren Nein beantworten! Vor allem der Lauf mit unter vier Minuten pro Kilometer war schon recht heftig danach, aber man bekommt ja über die Kopfhörer von der App bei jedem Kilometer durchgesagt, welches Tempo man gerade hat. Da habe ich dann die acht Kilometer noch durchziehen wollen und ich bin froh, dass es geklappt hat. Das war aber auch das einzige Mal, dass ich es so richtig versucht habe. Danach war es gut!
Hast du die Saison der 1. Mannschaft in den letzten Monaten verfolgt?
Bis zu dem Moment, als die Saison noch lief, habe ich auf jeden Fall immer geguckt, was die Jungs gemacht haben. Ich hätte mich auch gefreut, wenn ich an den Wochenenden noch weitere Berichte von den Spielen hätte lesen können. Zum Ende hin haben wir uns wohl etwas schwer getan. Wobei man da jetzt auch nicht von einer ganzen Saison sprechen kann, da es bloß einige Spiele waren, die wir in der Kreisliga A gespielt haben. Die habe ich zwar verfolgt, aber ein großes Statement dazu kann ich, glaube ich, nicht abgeben.
Weißt du denn, wer momentan die interne Torjägerliste anführt?
Da müsste ich jetzt überlegen. Ich weiß nicht, bin ich es?
Ja, du bist es! Vier Tore in den ersten drei Spielen.
Den Platz habe ich mir noch gesichert. (lacht)
Sind in deiner Zeit in Spanien weitere Treffer dazugekommen?
Ich trainiere hier in der Uni-Mannschaft mit, allerdings habe ich hier keine Spiele absolviert. Im Training kam noch der eine oder andere Treffer hinzu, allerdings nicht in offiziellen Spielen. Was natürlich ein bisschen schade ist, weil Spiele natürlich am meisten Spaß machen. Zumindest das Training konnte ich aber mitmachen und ein bisschen das Gefühl am Ball beibehalten. Damit bin ich unter den jetzigen Umständen auf jeden Fall auch ganz zufrieden.
Wie muss man sich das Fußballspielen in der Uni-Mannschaft vorstellen? Gibt es große Unterschiede?
Grundsätzlich würde ich behaupten, dass das Niveau der Mannschaft relativ vergleichbar ist mit dem, das ich aus der Ersten Mannschaft kenne. Es sind auch welche dabei, die technisch sehr stark sind. Was allerdings wohl einen Unterschied ausmacht und wahrscheinlich auch dem geschuldet ist, dass eigentlich nur jüngere Studenten in der Mannschaft spielen, ist, dass der Fußball weniger körperbetont ist. Wir haben jetzt keine richtige Kante im Team, die die Leute abräumt. Es sind eher kleinere Spieler, was auch den Spielstil prägt. Im Großen und Ganzen ist es aber eigentlich vergleichbar.
Gibt es Dinge aus dem spanischen Fußball, die wir bald auch im Eichenstadion bestaunen dürfen?
Gute Frage. Ich denke nicht, dass ich meinen Spielstil noch großartig ändern werde in der Zeit, in der ich hier bin. Worauf hier im Training viel Wert gelegt wird, ist aber das Passspiel, was vielleicht förderlich sein könnte, zumal mit dem Aufstieg in die A-Liga ja auch ein anderer Anspruch gestellt wird. Ob man dann den spanischen Spielstil in der nächsten Saison bei mir erkennen kann, ist vielleicht fraglich, aber ich versuche natürlich trotzdem, die Zuschauer weiterhin zu verzaubern. (lacht)
Es wird für die 1. Mannschaft mit Sicherheit eine Verstärkung sein, wenn du nächste Saison wieder die Rot-Weißen Farben trägst. Auf was muss sich die Kreisliga A gefasst machen?
Das generelle Mannschaftsziel ist ja erstmal, dass wir die Klasse halten. Persönlich möchte ich Torgefahr ausstrahlen und weitere A-Liga Treffer auf meinem Konto sammeln, aber natürlich auch bestmöglich die Anderen unterstützen. Ich wünsche mir auch, dass wir den Spaß am Fußball beibehalten können, den wir in der Aufstiegssaison hatten. Das wird natürlich durch Erfolg und Siege am besten gewährleistet.
Zeit, die wichtigen Dinge anzusprechen. Wer hat einen besseren Außenrist: Die Spanier oder Patrick Garbe?
(lacht) Wenn ich nach Nienborg zurückkomme und Patrick wiedersehe, würde ich auf jeden Fall sagen, dass er den besseren hat. Als Trainer, der mich in meiner Jugend vielleicht auch am meisten geprägt hat, kann ich nicht schlecht über Patrick reden. Viele Außenristpässe und -schüsse habe ich von den Spaniern jetzt auch nicht gesehen, von daher kann ich auf jeden Fall sagen, dass er, Stand jetzt, keinen schlechteren Außenrist hat.
Du hast alle Jugendmannschaften von Rot-Weiß Nienborg durchlaufen und bereits Erfolge im Seniorenbereich gesammelt. Daher abschließend die Frage: Gibt es eine besonders schöne Erinnerung mit dem RWN, die dir als erstes in den Kopf kommt?
Sich jetzt an eine spezielle Erinnerung oder einen speziellen Moment zurückzuerinnern ist ein bisschen schwierig, weil es so viele waren und Rot-Weiß Nienborg von Kindesbeinen an Teil meines Lebens und Teil meiner Freizeit war. Vielleicht auch deswegen, weil es noch so präsent ist, kommen mir jetzt als erstes ein paar Spiele in der Ersten Mannschaft in den Kopf. Persönliche Highlights sind mein erstes Seniorenspiel gegen Schöppingen, in dem ich einen Hattrick schießen konnte, oder auch eines der letzten Spiele, die ich gemacht habe, gegen Eintracht Stadtlohn, wo mir das ebenfalls gelungen ist. Auch in den Jugendmannschaften und an verschiedene Fahrten, wie etwa nach Heidmühle, gibt es besondere Erinnerungen, die auch nicht immer nur von Fußball geprägt sind, sondern einfach von dem guten Beisammensein mit Kumpels.
Vielen Dank für das Interview, Ole! Wir wünschen dir weiterhin eine tolle Zeit in Spanien und dass du gesund wieder zurückkommst!
Vielen Dank! Dann sieht man sich ja auf jeden Fall im Sommer wieder!